Integration und Case Studies
Im Rahmen des Innosuisse-Projekts «Think Earth – Regeneratives Bauen» erforscht das Teilprojekt «Integration und Case Studies» (TP9), wie sich Holz und Lehm im Hybridbau zu einer klimaneutralen Bauweise vereinen lassen. Anhand mehrerer Fallstudien untersucht die ETH Zürich über fünf Jahre hinweg Entwurfsansätze und Materialen. Die Ergebnisse fliessen in digitale Tools ein und tragen dazu bei, nachhaltige Architektur in der Schweiz zu fördern.
Holz und Lehm zählen zu den ältesten Baustoffen der Welt und zugleich zu den zukunftsweisendsten. Ihre Verwendung war stets geprägt von kulturellem Wissen, lokalen Ressourcen und klimatischen Bedingungen. Doch was bedeutet es im 21. Jahrhundert, mit diesen Materialien zu bauen? Wie lassen sich heutige Anforderungen an Sicherheit, Beständigkeit und Ausdruck mit natürlichen Baustoffen verbinden – im Einklang mit Klima, Ressourcen und menschlichem Wohlbefinden?
Das Teilprojekt «Integration und Case Studies» (TP9) zeigt anhand von Fallstudien das Potenzial des Holz-Lehm-Hybridbaus auf und untersucht, wie die jeweiligen Stärken beider Materialien optimal genutzt werden können: Holz überzeugt durch statische Effizienz und reversible Fügungstechniken, während Lehm beste Voraussetzungen für passive Energiegewinnung und -speicherung sowie ein gesundes Raumklima mit minimalem CO₂-Fussabdruck bietet. Anhand digitaler Tools fördert die Projektgruppe den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis und trägt dazu bei, den Holz- und Lehmbau in Kombination mit solar-passiven Entwurfsprinzipien und Low-Tech-Ansätzen in der Praxis zu skalieren.
Praxisnahe Forschung und Integration
Während fünf Jahren entstehen komplementäre Case Studies, die den Ansatz des «Integrated Design» in der Praxis anwenden. Dabei rücken Fertigungstechnik, Materialwahl, Komfort und Gestaltung in den Fokus eines ganzheitlichen Planungsprozesses. Begleitend entsteht ein umfassendes Monitoringkonzept. Unter der Leitung der Professur für Architektur und Gebäudesysteme der ETH Zürich werden die Fallstudien sowohl auf der Materialebene als auch auf der Entwurfsebene beobachtet, vermessen und dokumentiert. Ziel ist es, multifunktionale Holz-Lehm-Elemente unter realen Bedingungen zu erforschen und weiterzuentwickeln. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Monitoring: Die Leistung der verbauten Elemente wird systematisch überprüft, um Entwurfsziele zu validieren und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Ergebnisse werden digital und über und regelmässige Workshops mit allen Projektpartnern geteilt, um in der weiteren Umsetzung Risiken zu reduzieren und klimafreundliche Bauweisen in der Praxis zu verankern.
Integrated Design
Gemeint ist ein systemischer, kollaborativer und interdisziplinärer Entwurfsansatz – der die Komplexität der gebauten Umwelt erfasst und interdisziplinäre Zusammenarbeit bereits frühzeitig in den Planungsprozess integriert. Ersetzt werden lineare Arbeitsabläufe zugunsten iterativen, lebenszyklusorientierten Methoden. Insgesamt liegt der Fokus auf frühzeitigen Problemanalysen statt auf isolierten Lösungen. Es sind soziale, ökologische und technologische Kriterien, die der Design-Prozess vereint: Lokales Klima, CO₂-Emissionen oder menschliches Wohlbefinden sind in der Planung zentral. Ziel ist eine zukunftsfähige Architektur, die gestalterische Qualität mit Nachhaltigkeit und gesellschaftlichem Mehrwert verbindet.
Case Studies
Vom «Pavilion MANAL» auf dem Campus der Hochschule Luzern in Horw, dem «Container Lab» an der Empa in Dübendorf über originalgrosse Prototypen im Zero Carbon Building Systems Lab an der ETH Zürich bis hin zu einem multifunktionalen «Living Lab» in Acquarossa im Tessin untersuchen die experimentellen Fallstudien, wie Material, Entwurf und Nutzung zusammenspielen. Dabei geht es um zentrale Fragen: Wo entstehen Herausforderungen? Wann zeigen sie sich – und wie beeinflussen sie den ökologischen Fussabdruck eines Gebäudes sowie das Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer? Die Fallstudien setzen jeweils eigene Schwerpunkte innerhalb des integrieren Design Ansatzes und heben Material, Fertigungstechnik, Gestaltung und Komfort unterschiedlich hervor. So verdeutlichen sie auf vielfältige Weise, wie sich nachhaltiges Bauen neu denken und umsetzen lässt.
Entwurfsprozess für nachhaltige Architektur
Gesucht wird eine situationsgerechte Architektur, die die Potenziale der Umgebung und der Materialien nutzt, Schwachstellen früh erkennt und umgeht sowie das Wohlbefinden der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Professur für Architektur und Gebäudesysteme der ETH Zürich entwickelt dafür einen Entwurfsprozess, der die Vernetzung von Mensch, Material und Umwelt stärkt. Erste Ansätze wurden bereits im Entwurfssemester «Design for Climate» in Zusammenarbeit mit dem Studio Boltshauser und der Professur für Architektonische Behavioriologie getestet.
Die Erkenntnisse, Erfahrungen und Neuerungen aus den Case Studies und Entwurfsstudios fliessen in digitale Tools für «Integrated Design» ein und stehen Projektpartnern sowie der interessierten Fachöffentlichkeit zur Verfügung. Ziel ist es, die durch «Think Earth» hervorgerufene Transformation zu einem klimafreundlichen Bauen mit Holz und Lehm in der Schweiz zu beschleunigen und festigen.
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Kontaktperson
Dr. Illias Hischier
ETH Zürich – Departement Architektur / ITA
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